Schweizer Fachverband Traumapädagogik, Hottingerstrasse 67, 8032 Zürich
In Gedenken an Célia Steinlin-Danielsson 20.10.1980 – 12.5.2023
Tief traurig nehmen wir vom Vorstand des Schweizer Fachverbandes
Traumapädagogik Abschied von unserem Vorstandsmitglied Célia Steinlin. Wir
werden all die angeregten Gespräche sehr vermissen und ebenso die erfüllenden
menschlichen Begegnungen mit ihr. Umso dankbarer sind wir für die gemeinsame
Zeit und die spannenden Projekte, die wir mit ihr verwirklichen durften.
Célia Steinlin prägte die Traumapädagogik in der Schweiz und auch darüber hinaus.
Mit ihrer Promotion zum Thema «Belastungen und Schutzfaktoren bei
pädagogischen Mitarbeitenden in der stationären Kinder- und Jugendhilfe» trug sie
viel dazu bei, dass dieses Thema in den Fokus der Forschung gelangte. An der Seite
von Marc Schmid und dem Team des Modellversuchs «Traumapädagogik»
gestaltete sie wohl eines der grössten Forschungs- und Praxisprojekte in der
Traumapädagogik massgeblich mit. Dabei fühlte sie sich der Forschung und der
Praxis gleichermassen verbunden und verpflichtet. In ihren Artikeln, ihren Vorträgen
und Supervisionen gelang es ihr immer wieder aufs Neue, diese beiden Felder mit
einer Leichtigkeit und Klarheit zu verknüpfen. Für sie waren beide untrennbar
miteinander verknüpft. In beiden Welten fühlte sie sich beheimatet und konnte so
Menschen sowohl für die Forschung als auch die Praxis begeistern.
Brücken zu bauen und zu integrieren war eine der grossen Fähigkeiten von Célia. Als
Psychotherapeutin engagierte sie sich überzeugt für die Wirkung der
traumapädagogischen Haltungen und lebte vor, wie die Grenzen zwischen der
Pädagogik und der Therapie überwunden werden können. Dabei ging es ihr nie
darum, diese Grenzen zu verwischen. Aus ihrer Sicht ergänzen sich
Traumapädagogik und Therapie. Mit ihrer hohen Wertschätzung für die
pädagogische Arbeit lebte sie stets vor, wie sich diese beiden Professionen
gegenseitig bereichernd und anregend auf Augenhöhe begegnen können. Mit
Herzblut war sie denn auch in der Ausbildung und der Supervision sowohl im
pädagogischen wie auch im therapeutischen Feld tätig.
Der sichere Ort gerade auch für die Mitarbeitenden, die Selbstfürsorge und die
Annahme des guten Grundes blieben ihr bis zum Schluss zentrale Anliegen. Die
Verantwortung, die Mitarbeitende, Leitungen und Institutionen dafür zu übernehmen
hatten, waren ihr dabei besonders wichtig. Noch im letzten Gespräch, das wir mit ihr
führen durften, mass sie der Verantwortung der Institutionen, einen sicheren Ort für
die Mitarbeitenden gewährleisten zu müssen, eine hohe Bedeutung zu. Dabei
verstand sie den sicheren Ort immer als etwas Prozesshaftes; etwas, das immer
wieder verletzt werden kann und danach wieder rekonstruiert werden muss.
Célia besass die Fähigkeit ihr unglaublich breites Fachwissen mit praktischen
Erfahrungen zu verknüpfen. In der Auseinandersetzung blieb sie dennoch stets
bescheiden und auch gegenüber Menschen, welche sich erst neu mit der
Traumapädagogik beschäftigten, neugierig und interessiert an ihren Gedanken und
Sichtweisen. Sie hatte die Gabe, klar und selbstbewusst ihre Position zu vertreten,
ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Sie war und blieb bis zum Schluss an
Schweizer Fachverband Traumapädagogik, Hottingerstrasse 67, 8032 Zürich
der gemeinsamen Weiterentwicklung interessiert und auf der Suche nach Lösungen
zuversichtlich. Häufig sagte sie: «Dieses Thema ist mir wichtig, wie wir es erreichen
können, weiss ich auch noch nicht genau.»
Im letzten Gespräch, welches wir etwas mehr als einen Monat vor ihrem Tod mit ihr
führen durften, erwähnte sie folgende chinesische Weisheit:
«Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über deinem Haupte fliegen, kannst
du nicht ändern; aber, dass sie Nester in deinen Haaren bauen, kannst du
verhindern.»
Wie es zu Célia gehörte, setzte sie sich nicht nur gedanklich mit ihrer Haltung
auseinander, sondern lebte diese auch vor. Auch mit ihrer schweren Krankheit und
dem Wissen um den nahen Tod, kämpfte sie bis zum Schluss dafür, dass die Vögel
bei ihr keine Nester bauen konnten. Auch nach ihrer schweren Diagnose engagierte
sie sich aktiv im Vorstand des Fachverbandes. In diesem knappen Jahr mussten und
durften wir uns im Vorstand mit der konkreten Umsetzung der traumapädagogischen
Haltungen in der Zusammenarbeit und Begleitung von Célia in einer neuen noch
tieferen Art auseinandersetzen.
Dies war bereichernd und herausfordernd zugleich, wenn sie etwa trotz ihres
schlechten Gesundheitszustandes selbstbemächtigt an unseren Sitzungen teilnahm
und wir gleichzeitig wussten, dass zu Hause ihre drei Kinder und ihr Mann auf sie
warteten, oder sie es sich – schon stark von ihrer Krankheit gezeichnet – nicht
nehmen liess, unter grosser Anstrengung die Referentin des Fachnachmittags selbst
anzukündigen.
Es seien die kleinen menschlichen Begegnungen und die kleinen Zeichen der
Wertschätzung, welche ihr Mut und Energie geben, sagte sie in ihren letzten
Wochen. Bis zum Schluss lebte sie die traumapädagogischen Haltungen, die aus
ihrer Sicht den Kern der Traumapädagogik ausmachen. Davon war sie überzeugt.
Célia wird über ihren Tod hinaus ein Vorbild bleiben, dass dieses Leben der
(traumapädagogischen) Haltungen gelingen kann.
Wir danken ihrem Mann Markus Steinlin von Herzen für seine grosse Unterstützung,
dass Célia auch am Schluss ihrer schweren Krankheit der Traumapädagogik noch
Zeit schenken und uns Vorbild sein konnte.
Célia, dir danken wir für die vielen anregenden und visionären Fachgespräche, die
beeindruckenden und herzerfüllenden menschlichen Begegnungen und all die
Spuren und Gedanken, welche du in der Traumapädagogik hinterlassen hast. Sie
werden diese noch lange prägen.
Wir werden uns immer wieder aufs Neue bemühen, dein Herzensanliegen, dass die
Vögel der Sorge keine Nester in unseren Haaren bauen und dass wir neben all dem
Leidvollen auch die freudvollen und schönen Dinge im Leben sehen,
weiterzuverfolgen. Dabei werden wir immer wieder an dich denken!
Deine Vorstandskolleg:innen des Schweizer Fachverbandes Traumapädagogik chTP
Irène Koch, Deborah Kaufmann, Manuela Gärtner, Thomas Wild, Lucas Maissen